Während die Wau-Holland-Stiftung wegen ihrer Zuwendungen an WikiLeaks ihren Status der Gemeinnützigkeit verliert, sind die Homöopathen ohne Grenzen ebendies -- vom Finanzamt Hamburg-Nord als als gemeinnütziger Verein anerkannt und Nutznießer von Steuerbevorteiligungen.

Die „Homöopathen ohne Grenzen" sind ein Verein von selbsternannten Weltenrettern, der analog zu den „Ärzten ohne Grenzen" die Segnungen der Homöopathie in Krisengebiete und medizinisch unterversorgte Länder wie Sierra Leone tragen will. Dabei ist nicht erst seit gestern mehr als hinreichend belegt, dass die Wirksamkeit von Homöopathika nicht über die eines Placebos hinausgeht, und Heilpraktiker_innen in unserem Kulturkreis bestenfalls die Rolle von verloren gegangenen schamanistischen Traditionen übernommen haben. Sie füllen eine Lücke in unserem kosten- und zeitoptimierten Gesundheitssystem: Sie decken den Bedarf an Zuwendung zum Patienten, und geben einem das Gefühl, ein Stück weit die Kontrolle über seinen Körper zurückzuerlangen. Zur Beeinflussung der Wahrnehmung des eigenen Krankheitszustandes und bei psychosomatischen Erkrankungen können Verfahren, die über den Glauben wirken, sicher gute Dienste leisten. Aber Homöopathie kann lebensgefährlich werden, wenn man ihre Grenzen nicht kennt.

Das Lindern von Zivilisations-Wehwehchen und den Befindlichkeiten des überfressenen Mitteleuropäers ist nämlich etwas anderes als die Versorgung von Kriegsverletzten, Malaria- oder AIDS-Kranken. Hierzulande behauptet nicht einmal der Deutsche Zentralverein der homöopatischen Ärzte, dass man mit Globuli schwerwiegende Erkrankungen wie Krebs oder AIDS heilen kann: „Von homöopathischen Ärzten in Deutschland wird die Homöopathie derzeit nur begleitend zur konventionellen HIV-Therapie eingesetzt", wird Curt Kösters, zweiter Vorsitzender des DZVhÄ zitiert. Die Homöopathen ohne Grenzen scheinen das aber etwas anders zu sehen. Sie arbeiten mit Jeremy Sherr zusammen, der ernsthaft glaubt, mit Homöopathie heilen zu können.

In einem Newsletter berichten sie begeistert:

Jeremy Sherr ist vor Jahren (...) nach Tansania gezogen, um dort die Menschen mit HIV/Aids zu behandeln. Auf Grund seiner langjährigen Erfahrung mit dieser Erkrankung kommt er zu dem Schluss, dass die AIDS-Erkrankung ein eigenständiges Miasma darstellt. Entsprechend Hahnemanns Vorgehensweise bei der Entwicklung des miasmatischen Konzeptes [Anmerkung: Verdünnungen von Körper- oder Wundflüssigkeiten von den jeweiligen Erkrankten] stellt er Symptomenreihen zusammen und sucht die geeigneten homöopatischen Arzneien.

Telepolis berichtet darüber hinaus, dass Sherr hinter vorgehaltener Hand ganz unverfroren behauptet, AIDS nur mit Homöopathika heilen zu können, das aber nicht laut sagen dürfe. Ganz ähnlich steht es vermutlich auch um die Homöopathen ohne Grenzen. Es ist leicht vorstellbar, dass der nach außen hin repräsentierte Standpunkt maßgeblich von der Überzeigung der Aktivisten abweicht.

Der geschätzte Bloggerkollege Jörg Rings hinterfragt die Gemeinnützigkeit des Vereins und bezeichnet das Treiben der Wunderheiler in einem Brief an das zuständige Finanzamt als „gemeingefährlich" und rief dazu auf, weitere Protestbriefe zu verfassen und über diesen Mißstand zu berichten. Ich finde, das ist eine gute Idee. Die Aktivitäten der Homöopathen ohne Grenzen richten ohnehin schon genug Schaden in der Welt an, sie sollten dafür nicht noch belohnt werden, wenn man ihnen schon nicht das Handwerk legen kann.

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