Bloße Argumente helfen oft nicht weiter. Schließlich empfindet man das als richtig, was sich für einen selbst richtig „anfühlt", was nur wenig mit Logik zu tun hat und was erklärt, weshalb Anekdoten so eine rhetorische Durchschlagskraft haben. Wenn man überzeugen will -- etwa im Patientengespräch mit einem impfkritischen Arzt oder den ewigen Diskussionen mit Eltern von „Kitakollegen" der Kinder -- dann sollte man aber neben ein paar schönen Geschichten auch die harten Fakten kennen.

Und wer sollte die nicht besser kennen, als das Robert-Koch-Institut und das Paul-Ehrlich-Institut? In einer Zwanzig-Punkte-Liste räumen sie mit typischen Vorurteilen und Lügen der Impfgegner auf. Die Antworten sind differenziert und bringen auch die Risiko-Nutzen-Rechnung und die Dosis-Wirkungs-Beziehung ins Spiel -- sicher viel zu kompliziert für jede hitzige Facebook-Debatte und natürlich vergebene Liebesmüh, wenn es um militante Impfgegner vom Format eines Hans Tolzin geht.

Als Beispiel ein Vorurteil, das ich gestern wieder gehört habe: „Durch die vielen Impfungen und Mehrfachimpfstoffe wird das Immunsystem des kleinen Kindes überlastet" -- es wäre viel besser, Einzelimpfstoffe zu verabreichen. Außerdem würde eine Impfung das Immunsystem den Organismus schwächen und einen anfälliger für andere Krankheiten machen. Die Antwort:

Zwar werden Kinder heute gegen mehr Krankheiten geimpft als früher. Die Zahl der dabei übertragenen Fremdmoleküle, der so genannten Antigene, hat sich aber dennoch deutlich verringert. So beinhaltete allein der alte Keuchhusten-Impfstoff rund 3.000 solcher molekularen Fremdstoffe. In allen heutigen Schutzimpfungen zusammengenommen finden sich dagegen nur 150 Antigene. Der Grund dafür liegt darin, dass die modernen Impfstoffe hoch gereinigt sind und zumeist nur einzelne Bestandteile der Erreger enthalten. Tatsächlich muss sich das kindliche Immunsystem tagtäglich mit einer vielfach größeren Menge von Fremdmolekülen auseinandersetzen, als dies bei Impfungen der Fall ist. Auch gibt es keine Hinweise, dass Mehrfachimpfstoffe das Abwehrsystem überlasten würden.

Den (von mir) gefetteten Teil finde ich sehr überzeugend: Über unsere Schleimhäute haben wir jeden Tag Kontakt zu Unmengen an Fremdmolekülen, ohne dass wir damit unser Immunsystem überfordern würden.

Die „20 Einwände und Antworten des Robert Koch-Instituts und des Paul-Ehrlich-Instituts" sind gut lesbar, zu bemängeln ist allerdings, dass die Quellenangaben nicht im Haupttext referenziert werden.

Und weil es gerade so schön in die Jahreszeit passt: Momentan ist die beste Zeit, sich eine Grippeschutzimpfung abzuholen. Meine war am Dienstag fällig und jetzt bin ich schon krank --ob da ein Zusammenhang besteht? Hier gibt es die Antwort.

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