Hass auf Windows

Wie hält man das aus? Seit 20 Jahren habe ich Windows nicht mehr für längere Zeit benutzt. Ich wusste gar nicht, was mir da entgeht! Auf dem Microsoft-Betriebssystem fühle ich mich regelmäßig wie in der Steinzeit. Kaum zu glauben, dass mich das in meinen ersten Jahren am PC nie gestört hat. Aber ich kannte es ja nicht anders.

Ja, am Mac sieht alles aus wie aus einem Guss und es ist alles edel durchdesignt, damit Apple ihre Geräte für teuer Geld verkaufen kann, werden jetzt einige mosern. Aber wie die Dinge gefärbt oder geformt sind, darauf kommt es gar nicht an. Wer Design mit Aussehen verwechselt, ist ein Idiot. Ein Computer ist ein Werkzeug und sollte entsprechend seiner Funktion gestaltet sein. Form und Farbe und vor allem die Strukturierung der Bedienelemente sollten also entsprechend der Funktion gewählt werden: Im Idealfall nimmt mir das Werkzeug Arbeit ab, anstatt mir ständig im Weg zu stehen. Wenn ich ob der Farbgebung nicht den Würgereiz unterdrücken muss, umso besser.

Visuell katastrophal

Der Look mag nicht alles sein, aber Windows schießt in Sachen Inkohärenz der Bedienoberflächen echt den Vogel ab. Wer es noch nicht gesehen hat: Die Benutzeroberfläche von Windows ist aus jahrzehntealten Versatzstücken zusammengepfriemelt, es gibt keine durchgängige Gestaltungsphilosophie. Anders als zum Beispiel bei den gängigen Desktops unter Linux. Bestes Beispiel dafür: Die Systemeinstellungen, bei denen einem in Unter-Unter-Unter-Menüs regelmäßig Relikte aus Windows-2000-Zeiten entgegenschlagen. Vorher sieht man alle Iterationen, die das Betriebssystem in der Zwischenzeit durchgemacht hat.

Das OS scheint auch nicht durchgängig auflösungsunabhägig zu arbeiten. Wagt man sich in Outlook in die sicherlich mehrere tausend Zeilen umfassenden Einstellungen, so blinzelt man nicht schlecht über die pixelige Darstellung. Offensichtlich hatte man keine Lust, die grauen Dialoge mit einer Kantenglättung zu versehen. Sehr professionell, Microsoft!

Apple hat 2010 sein erstes Gerät mit „Retina Display“ vorgestellt. Zwei Jahre später erschien das MacBook Pro mit 13 Zoll Bildschirmdiagonale und ähnlich hoher Pixeldichte. Hier konnte man bei normalem Arbeitsabstand die Bildpunkte nicht voneinander unterscheiden. Aber anscheinend ist der Eindruck eines Kreuzstich-Stickkurses in Teilen von Windows immer noch die Norm. Grausam.

Funktionell unterirdisch

Apropos Outlook – was hat sich Microsoft dabei gedacht? Nicht nur, dass es so glatt scrollt wie ein Nudelholz auf wassergebundener Decke, sollte Strg-F nicht wie in jedem verdammten normalen Programm der Suchbefehl sein, aber hier antworte ich damit auf Mails? Wer so etwas verbricht, dem soll die Hand abfaulen!

Durchgängige Standards kennt Windows nicht mal bei den eigenen Apps. Ich bin überrascht, dass ich davon überrascht bin. Es stört aber tatsächlich sehr. In Word mit Strg-B Wörter zu fetten schlägt genauso fehl wie das Kursivstellen mit Strg-I.

Schon mal versucht, so etwas Exotisches wie „typografische Anführungszeichen“ oder – Gedankenstriche – auf Windows einzugeben? Oder geläufige Diakritika wie an ç, š oder ë? Da muss man irgendwelche obskuren Tabellen mit Zahlencodes konsultieren. Oder Emojis: Die darf man sich von Websites zusammenkopieren, eine praktische Zeichenpalette wie auf dem Mac habe ich noch nicht gesehen.

Kein Sinn fürs Detail

Es sind so viele Kleinigkeiten, bei denen der Blick fürs Detail fehlt. Warum begrüßt mich der Login-Bildschirm mit einer Uhr (klar, wenn ich den Rechner aufklappe, will ich vor allem die Uhrzeit wissen) und ich kann mein Passwort nicht direkt eingeben, sondern das erste Zeichen wird „gefressen“ und erst das zweite landet in der Eingabezeile?

Und was ist das für ein Iconzoo neben der Uhr in der Taskleiste, wenn man auf den Pfeil daneben klickt? Welche Icons landen in der Schublade, welche nicht? Warum braucht das Gerät morgens zwei Minuten, um aufzuwachen? Warum will es ständig neu gestartet werden? Und wenn ich dann neugestartet habe, sind alle meine Fenster weg. Windows schließt einfach alle Apps und Fenster und macht sie auch nicht mehr auf, wenn ich neustarte. Wer kommt auf solche Ideen?

Warum versteckt sich unter dem Q, mit dem ich auf dem Mac Programme beende, das @-Zeichen, während ich mit Win-L – dem Griff, mit dem ich auf dem Mac das @-Zeichen erstelle, den Bildschirm sperre? Warum werden meine Fenster nach dem Zufallsprinzip neu sortiert, wenn ich einen externen Bildschirm an- oder abstecke? Fragen über Fragen, die mich in den Wahnsinn treiben.

Die ganze hässliche Crux mit der Office-Suite kenne ich in Teilen leider auch vom Mac. Dort gibt es aber wenigstens ein anständiges Menü, und zwar dort, wo es hingehört, am oberen Bildschirmrand. Seit wann ist es eine gute Idee, unaufgeräumte Menüstrukturen mit dem Besen auszukehren und einfach in schlecht sortierte Menüleisten mit unterschiedlichen Icon-Größen und lustigen Mehrfach-Ausklapp-Funktionen zu kippen? Es ist wirklich zum Verrücktwerden, ich finde einfach nichts, ohne Google zu fragen.

The Frust is very real

Jeder kennt das Gefühl, vor lauter Computerfrust die Tastatur über dem Knie in zwei Teile zu brechen und quer durch den Raum zu werfen. Ich versuche, mich zusammenzureißen, denn ich benutze an meinem Windows-PC eine Apple Extended II-Tastatur, die fast zwei Kilo wiegt und wahrscheinlich stabiler ist als mein Oberschenkel.

Sowieso, die Hardware. Dafür kann Microsoft ja nichts, aber galten die Thinkpads nicht mal als die Krönung des funktionalen Arbeitsrechners? Mir tut jeder leid, der auf so einer schwammigen Tastatur wie der des L14 einen längeren Text schreiben musste. Vom Trackpad will ich gar nicht erst anfangen, es fühlt sich an wie Spielzeug und macht meistens nicht das, was ich will. Übers Knie, sag ich euch.

Rückwärts Fahrradfahren

Ich habe jetzt angefangen, mein 2014er Macbook Pro auszumotten. Dank des OpenCore Legacy Patchers läuft ein aktuelles OS absolut problemlos darauf. Und es fühlt sich viel flotter an als das fast zehn Jahre jüngere Thinkpad.

Am Mac stören mich auch viele Dinge. Zum Beispiel das Durcheinander in der neuen Systemeinstellungs-App, die Art, wie iTunes aussieht, oder der allgemeine Trend, Bedienelemente erst anzuzeigen, wenn man mit der Maus darüberfährt. Apple schreibt mir zu oft vor, wie ich die Dinge zu benutzen habe. Aber das alles ist Meckern auf hohem Niveau. Der Mac hat seine Macken. Aber Windows ist geschmacklos, inkohärent, einfach unbenutzbar.

Ein Computer sollte einem bei der Arbeit helfen: „it's a bicycle for your mind“, wie Steve Jobs einmal sagte. Bei Windows hat dieses Fahrrad dreieckige Räder und ich muss rückwärts treten. Bin ich dankbar, dass ich 20 Jahre lang auf einem Rennrad Hügel heruntergleiten durfte.

Vorheriger Beitrag