Die Kringel und das wirre Gestrüpp, die den Header dieses Blogs zieren, sind Darstellungen von Proteinstrukturen. Momentan ist es HLA-B*2705 im Komplex mit dem Peptid pVIPR, und während meiner Promotionszeit arbeite ich unter anderem an eben diesem Protein. Darüber habe ich hier schon mal gebloggt. Der Artikel verdient ein paar Updates, die ich bei Gelegenheit gerne nachreiche.

Da ich in der strukturbiologischen Forschung arbeite, ist für mich eine Struktur-Darstellung naheliegend gewesen, daneben zeigt sie meine generelle Technikaffinität und außerdem finde ich diese Renderings einfach hübsch. Was nicht heißt, dass man so etwas nicht auch in hässlich findet ...

Hier nocheinmal die Struktur in „Cartoon"-Darstellung des Aminosäure-Rückgrats in voller Pracht, gerendert weitestgehend mit Standardeinstellungen in PyMol. Was aus diesem Programm rausfällt, sieht eigentlich immer recht gut aus.

Die drei Komponenten des Komplexes, nämlich die „schwere Kette" HLA-B (die so gern mutiert) in cyan, das kleine beta-2-Microglobulin (das Dialysepatienten mitunter Ärger macht) in hellblau und das Peptid -- der variabelste Teil des Komplexes -- in magenta. In diesem Fall ist es „pVIPR" (das bedeutet  in etwa vasointestinal peptide receptor-derived peptide -- so viel zu bedutungsvollen Abkürzungen in der Biologie, es könnte aber schlimmer sein).

Die Kringel in der Cartoon-Darstellung stellen alpha-Helices dar, die Pfeile beta-Faltblätter. Das sind Strukturelemente, bei denen die Aminosäuren in bestimmten Mustern miteinander interagieren und so typische feste Motive erzeugen.

Alternativ kann man das Molekül auch raumfüllend darstellen, indem man statt des sich elegant windenden Backbones alle Atome des Komplexes als Kugeln darstellt und noch ein paar Effekte draufklatscht. Hier wird deutlich, was für ein fetter und kompakter Klops das eigentlich ist, obwohl noch nicht einmal die Wasserstoffe dargestellt sind:

Klops2

Das ist natürlich alles nur Spielerei, genauso wie die folgende Draufsicht der Bindetasche mit entferntem Peptid. QuteMol kann durch diffuses Umgebungslicht („ambient occlusion") nur so hübsch Hohlräume darstellen. Schade, dass das Feature noch nicht überall Einzug gehalten hat, es erleichtert meiner Meinung die räumliche Wahrnehmung sehr.

1OF2 09hc b2m pvipr fusion pdb

Hier poppt einem die Bindetasche doch richtig entgegen, oder?

Nützlich wird die ganze Sache zum Beispiel, wenn man wissen will, wie bestimmte Aminosäuren über das Protein verteilt sind. In der folgenden Darstellung habe ich zum Beispiel die Amid-Stickstoff der Aminosäuren Isoleucin, Leucin und Valin als grüne Kugeln dargestellt, sowie Alanine in rot, weil ich wissen wollte, wo sich diese in dem Bereich der Bindungstasche aufhalten.

Ilva top

In diesem Fall finde ich: Nicht hübsch, aber nützlich.

***

Das Protein, was bis vor kurzem noch die Kopfzeile zierte, spielte auf meine Diplomarbeit über die photosynthetische Elektronentransportkette an. Die grünen Kringel waren ein Protein, das an der Elektronentransportkette der Photosynthese beteiligt ist, und in höheren Pflanzen auch so etwas wie ein Signalprotein ist: Cytochrom c6. Wer darüber mehr wissen will, kann auch einen der wenigen von mir verfassten Wikipedia-Artikel dazu lesen. Da die Photosynthesezeit schon so lange zurück liegt, habe ich wenig Lust, das nochmals aufzudröseln. Nur so viel: Alles, was ich damit angestellt habe, hat nicht geklappt.

Das Bild wurde mit VMD gerendert. Da VMD keine transparenten Hintergründe kann (schlecht für Präsentationen) und auch sonst nicht für meine Zwecke geeignet ist, weil es so wenig interakitv ist, ist es bei mir schnell in Ungnade gefallen. Hübsch sind bei VMD aber zum Beispiel die vielen Materialien, aus denen man für die Oberflächen auswählen kann. In diesem Fall ist es etwas kreidiges geworden.

Cytochrome c6 from Chlamydomonas reinhardtti

Wie oben bereits erwähnt, ist das Protein ein Elektronenüberträger. Die grüne Kugel in der Mitte ist ein Eisen-Ion, das ein Elektron aufnehmen und wieder abgeben kann. Festgehalten wird vor allem durch das Protoporphyrin IX, das blaue-bunte Gestrüpp, das zusammen mit dem Eisen ein Häm bildet. Häm sollte jedem aus Hämoglobin, dem roten Blutfarbstoff, bekannt sein. Der Name „Cytochrom" bedeutet eigentlich nur „Zellfarbe" und wurde ihm in den 1920er Jahren von dem Briten David Keilin verpasst, der einen nahen Verwandten des Cytochrom c6 als wichtigen Bestandteil einer anderen Elektronentransportkette erkannte: der Zellatmung, die im Mitochondrium stattfindet und dort chemische Stoffwechsel-Energie für die Zelle bereitstellt.

So viel zu der Frage, was das Gestrüpp dort oben soll.

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