Harald Ebner, Experte der Bündnisgrünen für „Agrogentechnik" hat vor ein paar Tagen den offiziellen Standpunkt der Grünen gegenüber der Cis-Gentechnik dargelegt, nachdem ich danach fragte. Man kann den Beitrag hier nachlesen. Ebners Fazit, so wie ich es verstanden habe: Gentechnik, ob cis oder nicht, ist generell überflüssig und unsicher. Es existierten Alternativen, die über Jahrhunderte erprobt und sicher seien.

Konventionelle Verfahren führen nicht immer zum Erfolg

Ich finde, wir sollten uns die Sache nicht so leicht machen, denn die Wirklichkeit da draußen ist oft zu komplex, als dass sie sich in solche vermessenen Pauschalurteile pressen lassen würde. Grüne Gentechnik als überflüssig zu bezeichnen, halte ich für sehr gewagt. Mit molekularbiologischen Verfahren haben wir viel mehr Möglichkeiten, Pflanzen nach unseren Vorstellungen zu verändern, denn nicht immer führt Züchtung zum Erfolg. Bei der BASF-Kartoffel mit Knollenfäule-Resistenz hatte man über Jahre hinweg versucht, die Resistenz aus Wild- in Kulturkartoffeln hineinzukreuzen, ohne Erfolg. Bananen, Grundnahrungsmittel für Millionen von Menschen und bedroht durch verschiedene Pilzkrankheiten, können praktisch gar nicht mehr gezüchtet werden. Hier gibt es wenig Alternativen zur Gentechnik. Wenn die Verfahren erst etabliert werden müssen, wie im Fall des schorfresistenten Apfels von Professor Cesare Gessler von der ETH Zürich, dauert es natürlich etwas länger. Aber verlieren sie deshalb gleich ihre Daseinsberechtigung?

Angesichts der Herausforderungen der Zukunft (Energiewende, Ertragssteigerungen, Umweltschutz) können wir es uns aber nicht leisten, eine bestimmte Technologie als unnütz abzustempeln, wenn sie ihren Nutzen bereits unter Beweis gestellt hat. Es führen schließlich viele Wege nach Rom. Die Grünen geben vor, zu wissen, welcher Weg der falsche ist. Die Begründung dafür sind aber fadenscheinig und bei näherer Betrachtung nicht haltbar.

Lebensmittelgefahren durch Gentechnik? Eher nicht.

Ebner sagt richtig, dass sich cis- und transgene Verfahren nur in der Herkunft der Gene unterscheiden. Das Verfahren an sich berge aber Gefahren, so würde das fragliche Gen während der Transformation an einer beliebigen und unkontrollierbaren Stelle eingefügt. Das ist vielleicht nicht ganz falsch, aber diese Aussage ignoriert, dass der Ort der Insertion (des „Events") sehr genau charakterisiert werden kann. Die Genetikerin Dr. Anastasia Bodnar liefert hierzu Informationen aus erster Hand:

So machen wir es in unserem Labor [an der Universität Iowa], andere Labore machen es vielleicht anders. [...] Jedes Event wird geprüft und die mit offensichtlichen Problemen (Insertion in einem wichtigen Gen) werden verworfen. Die Events ohne diese Probleme werden über viele Generationen rückgekreuzt. Jedes Genfragment, das an anderen Stellen als der primären Insertionsstelle gelandet sein könnte, wird so herausgekreuzt. Das ist schon deshalb notwendig, weil die transformierte Sorte schlechte agronomische Eigenschaften hat [...] und die Zellkultur Mutationen und epigenetische Effekte erzeugen kann. [(Quelle, frei übersetzt)]{.small}

Nach drei Generationen verbleiben nur etwa sechs Prozent der transformierten Pflanze, nach sechs Generationen sind es etwa ein Prozent. Die Agroindustrie hat durch ihre finanzielle Situation noch bessere Werkzeuge: Hier bleibt von der transformierten Pflanze nichts mehr außer des Transgens übrig, da man marker-assisted selection verwendet.

Und so bleibt auch von Harald Ebners Argument nicht viel übrig.

Konventionelle Verfahren sind auch nicht ohne Risiko

Es mag sein, dass die Forscher etwas übersehen. Doch so schwer es auch zu akzeptieren sein mag, nichts im Leben ist ohne Risiko. Es macht keinen Sinn, die Gentechnik stets nur isoliert zu betrachten, also ganz ohne Vergleich zu konventionellen Verfahren. Auch hier gibt es unerwünschte Effekte, besonders wenn mit Mutagenese gearbeitet wird. Auch hier muss rückgekreuzt werden, weil durchaus durch veränderte Stoffwechseleigenschaften Allergene oder Gifte entstehen können.

Für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) existieren -- ganz im Gegensatz zu konventionellen Pflanzen -- eine Reihe von Pflichtuntersuchungen, in denen die Veränderungen genau unter die Lupe genommen werden. Hier werden intensiv die Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit geprüft, wobei die konventionellen Sorte stets die Referenz darstellt. Das Verfahren kostet Millionen. Keine gezüchtete Pflanzensorte musste je so ein Verfahren durchlaufen, obwohl die Eigenschaften teilweise durchaus vergleichbar sind.

Vielleicht holt die Grünen die Realität schneller ein, als ihnen lieb ist. Auf der ganzen Welt werden GVOs angebaut, auf Millionen von Hektarn Ackerfläche und das seit Jahrzehnten. In dieser ganzen Zeit hat es nicht einen einzigen Hinweis darauf gegeben, dass zugelassene Gentech-Pflanzen ein Risiko für die Lebensmittelsicherheit darstellen. Wohlgemerkt sind es transgene Pflanzen, die weltweit und trotz der vielen Versäumnisse der großen Biotechkonzerne mit großem Erfolg angebaut werden. Wo das Gen nun herkommt, ist in der Tat völlig nebensächlich. Relevanz hat es nur in den Köpfen der Verbraucher, wo eine Kombination von Genen weit entfernter Arten Unbehagen hervorruft.

Deswegen sind Einzelfallentscheidungen und individuelle Prüfungen nötig und nicht pauschales Abstempeln, wie es die Grünen tun. Sie täten gut daran, ihren Standpunkt ab und zu an der Realität messen. Es kann auch nicht schaden, mit Fachleuten zu reden, die ihnen die Grundlagen molekularbiologischen, biotechnologischen und genetischen Fachwissens vermitteln könnten.

Harald Ebner hat mit einem Recht: Im Thema Gentchnik ist in der Tat der Wurm drin. Es liegt offensichtlich an der Diskussionskultur der Diskussionsgegner -- etwa „Big Agro" wie Monsanto und die „Grünen" im weiteren Sinne -- die kaum an einer neutralen Darstellung und unvoreingenommenen Wahrheitssuche interessiert sind.

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