Einen Faktencheck zu den Behauptungen des BUND habe ich anderswo geschrieben. Inzwischen (Stand 8.11.) hat der BUND angekündigt, das Video zurückzuziehen.

Der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz) hat keine Lust auf das müßige Abwägen von Pro und Contra. Er hat einfach Recht und damit Basta. Und weil der Zweck die Mittel stets heiligt, hat er sich entschlossen, ein Kampagnen-Video zu veröffentlichen, was empfindsamen Menschen schnell auf den Magen schlagen kann.

http://www.youtube.com/watch?v=OApCdU6K-B0

Wer sich das Video nicht ansehen will oder kann, dem sei es kurz beschrieben: Babys sind in Reih und Glied auf einem Acker eingegraben, die Sonne scheint, Vögel zwitschern. Dann nähert sich dröhnend ein Flugzeug im Tiefflug, das das Feld mit offenbar todbringenden Chemikalien besprüht. Es folgt der Schriftzug „Pestizide. Hergestellt, um zu töten. Jetzt aktiv werden. Für eine Zukunft ohne Gift."

Rechtfertigungsversuche

Auf Twitter rechtfertigte man sich mit einem Hinweis auf die Kampagnenseite, die zeigen soll, wie gefährlich Glyphosat, ein weit verbreitetes Unkrautvernichtungsmittel, sei. Im „Hintergrundpapier" verweist man unter anderem darauf, dass sich in Glyphosat gebadete Embryo- und Plazentazellen nicht besonders wohlfühlen oder auf die hier bereits diskutierte Schrottstudie von Glyphosat im Urin von Großstädtern. Dass die Dosis das Gift macht, weiß der Verein sicher. Nur lässt sich damit schwerlich Stimmung machen.

Kein Diskurs, denn die Wahrheit ist bekannt {#kein_diskurs_denn_die_wahrheit_ist_bekannt}

Gründe für Pro-Contra-Abwägung einer Nutzung von Glyphosat sucht man vergebens, wir lernen nur: Glyphosat ist massiv schädigend für Mensch und Umwelt. Vermutlich sind wir alle eigentlich schon längst tot. Außerdem findet sich Verschwörungsdenken: Industrie und Behörden steckten unter einer Decke und das Zulassungsverfahren sei ungenügend. Es würde vertuscht und gemauschelt. Damit zeigt der BUND, dass er auch nicht offen für Diskussionen mit der Industrie oder Behörden ist.

Dabei unterschlägt der Verein zum Beispiel, dass Glyphosat andere, viel schädlichere Herbizide ersetzt hat. Oder dass Herbizide Bewirtschaftungsmethoden wie die Direktsaat möglich macht, bei der die Ackerkrume erhalten bleibt und nicht durch Umpflügen der Erosion durch Wind und Wetter ausgesetzt wird.

In jedem Fall zweifelhafte Ziele {#in_jedem_fall_zweifelhafte_ziele}

Wen will der BUND mit einer so geschmacklosen Kampagne erreichen? Nicht die Landwirte, die er implizit als Kindermörder bezeichnet. Ganz sicher keine Wissenschaftler oder Fachleute, die sich bei dieser Art von inhaltslosem Agitprop angeekelt abwenden. Nicht die Regulierungsbehörden oder Industrievertreter, mit denen man ja konstruktiv ins Gespräch kommen könnte. Hier geht es also nicht um Gestaltung oder einen zivilisierten Diskurs, sondern darum, mit Schlamm zu werfen.

Ich vermute, dass man mit der Kampagne primär die eigene moralische Überlegenheit herauskehren will. Man hat es einfach nicht nötig, zu argumentieren, weil man ja schon weiß, dass man Recht hat. Dann darf man auch mit beliebig drastischen Bildern anklagen.

Vermutlich soll auch die Öffentlichkeit durch die emotionalisierenden Bilder manipuliert werden. Man versucht, die Massen gegen den verhassten landwirtschaftlich-militärischen Komplex aufzubringen. Ob das funktioniert, darf bezweifelt werden: immerhin hat das Video bisher mehr als 90% an YouTube-Dislikes angesammelt. Gute Propaganda muss man eben auch beherrschen.

Letztlich ist auch die Aufforderung „Jetzt aktiv werden" ein unmissverständlicher Hinweis darauf, dass jeder ganz schnell und unkompliziert ein Fördermitglied werden kann.

In jedem Fall tut sich der BUND damit keinen Gefallen -- vielleicht gibt es kurzfristige Aufmerksamkeit und Empörung, aber auf lange Sicht schädigt es die Reputation des Vereins.

Nachtrag: Später habe ich mich an einem Faktencheck der BUND-Studien versucht.

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Dank an Lederstrumpf und Roter Hai!

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