Die Substanz, die auf unserer Zunge den Geschmack „lecker" (japanisch: umami) erzeugt, leidet unter einem schlechten Ruf. Den Geschmacksverstärker Glutamat verbindet man leicht mit wertlosem Fertigfraß, ungesundem Knabberzeug und dem Kartell der Lebensmittelchemie.

Was den Salzen der Glutaminsäure mit den E-Nummern 621 bis 625 nicht alles nachgesagt wird! Der als Ernährungsexperte geltende Journalist und studierte Erziehungswissenschaftler Hans-Ulrich Grimm macht sie nicht nur für Übelkeit, Kopfschmerzen, Hitzewallungen und Herzklopfen mitverantwortlich, sondern auch für Alzheimer, Parkinson und multiple Sklerose. Er beruft sich dabei gern auf die Wissenschaft. Lässt sich diese extreme Position aber wirklich wissenschaftlich belegen?

Seit Jahrzehnten ist das Thema um gesundheitliche Fragen um Geschmacksvertärker eigentlich tot, und so muss man auf Forschung aus den sechziger und siebziger Jahren zurückgreifen, wenn man Glutamat verteufeln will. 1968 aß der US-koreanische Arzt Ho Man Kwok schlecht in einem Chinarestaurant und konnte seine Unwohlsein anekdotisch im New England Journal of Medicine unterbringen. Das Chinarestaurantsyndrom war geboren. In Versuchen mit neugeborenen Mäusen, denen Unmengen (4g je kg Körpergewicht) Glutamat eingeflößt und injiziert wurde, zeigten sich zwar Hirnschäden -- aber wer spritzt sich schon täglich 300 Gramm einer reinen Aminosäure?

Studien, die vernünftig durchgeführt wurden, zeigten jedenfalls keinerlei gesundheitlichen Effekte. Die Lebensmittelbehörden in den USA und der EU, sowie auch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung gehen ebenfalls davon aus, dass Glutamat grundsätzlich ein sicherer Lebensmittelzusatz ist. Ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung scheint möglicherweise empfindlich auf Glutamat zu reagieren, wenn es ohne Lebensmittel und in relativ großen Mengen eingenommen wird. Aber wenn man es -- wie jedes Lebensmittel und jedes andere Gewürz auch -- in Maßen zu sich nimmt, passiert einem gar nichts.

Trotzdem hält sich hartnäckig die Angst davor, befeuert von Journalisten wie Hans-Ulich Grimm, der gutes Geld mit Ernährungsratgebern verdient. Und weil die Lebensmittelindustrie schwerlich auf Würze verzichten kann, wird es auf Zutatenlisten als Hefeextrakt, „Aroma", und hydrolysiertes Soja- oder Weizenprotein getarnt, die als „natürliche" Geschmacksverstärker gelten. Und wie wir alle wissen, empfinden viele fälschlicherweise „natürlich" als „gut".

Natürlicherweise enthalten ist Glutamat in rauen Mengen zum Beispiel in Parmesan: mit 1,2g Glutamat pro 100g Käse reibt man sich eine beachtliche Schippe Glutamat über die Nudeln. Auch reife Tomaten, Spargel, Shiitake-Pilze, oder Gemüse- und Fleischbrühen enthalten es, wie eigentlich alle proteinhaltigen Lebensmittel. Glutamat ist ein Signal an den Körper: „ich bin lecker, ich bin voller wertvoller Proteine, iss mich" -- nicht ohne Grund enthält auch Muttermilch Glutamat, und zwar bis zu zehnmal mehr als Kuhmilch.

Das ist kein Zufall, denn das Leben ist auf das Zusammenspiel der Proteine angewiesen und Proteine sind nunmal Ketten von Aminosäuren, unter ihnen auch die Glutaminsäure. Das heißt, man wird schon Steine essen müssen, wenn man völlig Glutamat-frei leben will.

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Danke, Lucy!

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